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Rundbrief 11 I Demenz vorbeugen?

by admin on September 5th, 2013

Der vermutlich wirksamste Schutz vor Demenz wird in den meisten Publikationen zum Thema nicht erwähnt: die Fähigkeit, traumatische Erfahrungen mitzuteilen und damit teilweise zu entsorgen. Viele Menschen haben Jahrzehnte lang nie über ihre Kriegserfahrungen erzählt, die Frauen nicht über erlittene Vergewaltigungen. Auch familiäre Traumen, Misshandlungen, mit Schlaf- oder Schmerzmitteln, Alkohol, Süßigkeiten – oder mit Aktivismus erstickt. Es resultiert eine Seelenlähmung, eine besondere Form der Depression. Die Erinnerung bleibt aber, gut eingekapselt, im „Körpergedächtnis“ bestehen. Nur manchmal drängt ihre Botschaft mit Symptomen – Angstzuständen, Schmerzen, Schwindel, Erschöpfung, Schlafstörung – an die Oberfläche.
Die Demenz „befreit“ die Betroffenen, scheinbar endgültig, von der Aufgabe, ihren Erinnerungen Ausdruck zu verleihen. Empfehlungen, gesund zu essen und „moderat“ Wein zu trinken, gehen an diesem Problem vorbei. Vorbeugend ist nicht, was in den Mund herein kommt; heilsam ist, was aus dem Mund heraus kommt: erzählend, stammelnd, flüsternd, schreiend, fluchend, singend. Dafür braucht es Adressaten, interessierte, achtsame Zuhörer: in der Familie, im Altenheim, in der Kirche, vor allem in der Medizin. In den Krankenhäusern und Arztpraxen wird der Raum für Sprechen und Zuhören durch Personalknappheit, Bürokratismus und apparative Hochrüstung – die viel Personal schluckt ! – immer kleiner. Für das Problem Demenz brauchen wir nicht die schnelle und aktive Medizin, sondern eine rezeptive Medizin des Abwartens, der Langsamkeit.
Auch Tätigkeiten wie Lesen, Musik, Theater – auch Theaterspielen und Malen, Geselligkeit, ein Hobby, körperliche und geistige Bewegung sind, da erinnerungsfördernd, demenzreduzierende Medikamente.